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Die Last

Roman von
Georg Engel

Ullstein & Co
Berlin • Wien


Motto:

Nicht an einer Person hängen bleiben:und sei sie die geliebteste – jede Personist ein Gefängnis, auch ein Winkel.

– – Nicht an einem Mitleiden hängenbleiben: und gälte es höheren Menschen,in deren seltne Marter und Hilflosigkeituns ein Zufall hat blicken lassen.

Friedr. Nietzsche

Erstes Buch.

I.

Es war Tag geworden.

Noch immer rieselte der Regen und troff an denkleinen Fenstern der Krankenstube herunter. BleigrauesLicht stahl sich zögernd durch die Gardinenund mischte sich mit dem Schein der Lampe, die auchjetzt noch vor dem Bette brannte.

Auf dem großen Bauerngutshof erwachte einigesLeben. Man hörte zuweilen ein dumpfes Aufbrüllender Kühe, und dazwischen das vereinzelte Rufen derKnechte. Doch klang alles gedämpft, als fürchte man,die Kranke zu stören.

Etwas Totes, Gedrücktes lag über dem Gehöft;und je mehr das trübe Sonnenlicht vorrückte, in destogrößere Lautlosigkeit verfiel das Anwesen.

In dem weiten, zur ebenen Erde gelegenen Zimmerwurde ein schwacher Ruf laut. Kränklich, hohl, gebrochen,ein wenig gereizt klang er, aber so leise dieStimme auch flüsterte, sofort fuhr aus dem ledernenSessel neben dem Bette ein Mann von mächtiger,imposanter Gestalt auf, rieb sich ein wenig die Augen,strich ein paarmal energisch über seine dicken, kurzgeschorenenHaare und legte dann seine Finger behutsamauf die Hand der leidenden Frau.

»Na, Elsing,« forschte er aufmunternd, wobei erseine Stimme soviel als möglich herabdämpfte, »geht’sein bißchen besser?«

Statt einer Antwort rang die Angeredete dieHände und vergrub ihr Antlitz in die Kissen: »Dulieber Gott,« stöhnte sie leise, und es war beinahe,als ob aus dem weißen Linnen ein Schluchzen dränge.

Der Mann ließ seine Hand aufs Knie sinken undstarrte auf den hellen, sandbestreuten Estrich der Stube.

Plötzlich warf sich das junge Weib herum undforschte hastig: »Du bist wohl eingeschlafen, Wilms?«

Seltsam, – neidisch fast schien die Frage.

»Ja, ich bin ein wenig eingenickt,« gab der Gattezu. Und wieder konnte man leise Entschuldigung ausden Worten hören. »Ich sitz’ ja nun auch bald dievierte Nacht so,« murmelte er halb für sich.

Es wurde still.

Aus der Ecke nur tönte das schwere Tick-tack einerunförmlichen Kastenuhr, und zuweilen knirschte derSand unter dem Stiefel des Mannes.

Die Leidende seufzte und schien die rechte Lagenicht finden zu können. Endlich streckte sie sich undblickte in das trostlose Grau des Regentages hinaus.

Welche Traurigkeit dort draußen und hier drinnen.

Gegen die Fenster stäubte der Regen, Hagelkörnerschlugen scharf gegen die Scheiben, und über dieWangen der Liegenden floß eine Träne.

»Lösch’ die Lampe aus, Wilms,« bat sie, »meineAugen – es tut mir weh.«

Er schraubte das Licht herunter, sofort sah esin der Stube noch fahler aus.

»Armes Weib,« murmelte er, »armes Weib.« Erstrich über ihre Haare und richtete sich langsam auf.Dann schritt er zur T

...

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