trenarzh-CNnlitjarufade

Die Herrin undihr Knecht

Roman
von
Georg Engel

Sechstes bis zehntes Tausend

Grethlein & Co. G. m. b. H. in Leipzig

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, von derVerlagsbuchhandlung vorbehalten.

Copyright 1917 by Grethlein & Co. G. m. b. H. in Leipzig.

Druck von August Pries in Leipzig.

Erstes Buch.

I.

Das Landhaus der Grothes wurde wieder geweißt. Aberder Blutfleck neben dem Fenster, das auf den Hof herausging, blieb erhalten. Die Maurer hatten ihn aufstrenge Anordnung hin verschonen müssen. Und wenn JohannaGrothe mit ihren Knechten hier vorüberwandelte,dann verzog sich ihr herrischer Mund noch stolzer und selbstbewußter,und ihre hohe Gestalt reckte sich auf, daßihr Marmorhaupt, wie es Konsul Bark immer genannthatte, hoch über die geduckten ostpreußischen Landleuteherausragte. Das begab sich am Tage. Wenn sie jedochgegen Abend zurückkehrte, um ihren Sitz auf der Gartenbankhart an der Wiese einzunehmen, dicht an der Stelle,wo unter den hochaufgeschossenen Eichenbäumen die Hermender drei römischen Cäsaren zerbröckelten, dann warfdie Vorüberschreitende manchmal einen langen prüfendenBlick auf das rote Mal, und ihre feste, schmale Handführte eine Bewegung aus, als ob ein strenger und geordneterMensch etwas Unwillkommenes, Unerhörtes auszustreichengedachte. Aus der Dorfkirche von Maritzkenläutete dann von dem niedrigen Holzturme das singendeGlöckchen, das auch damals in die Fieberträume derGrotheschen Ältesten hinein gewimmert hatte. Und derWind fächelte über das hart getretene Viereck in dem Kleeacker,das eigentlich ein Grab vorstellte.

Ja, die Nacht mit ihren Schrecken war vorübergerast,und der Morgen wollte für die Heimat und die deutscheMenschheit tagen. Und ebenso, wie Johanna Grothe, sostand ihr ganzes Volk vor der weißen Mauer, die wiederfrisch getüncht war, und sah auf das helle Blutmal, dasin der Sonne funkelte. Ohne Haß, ohne Rachsucht, nurin dem Bewußtsein, daß die Erinnerung daran nicht wiederfortgelöscht werden könnte, und daß jeder alle Kräftedaransetzen müsse, die Mauern des großen Hauses bisauf den einen Fleck weiß und sauber zu erhalten.


Jedem Beschauer bot es einen hellen, einen erfreulichenAnblick, als der leichte, gelbe Jagdwagen, von den beidenwiehernden und schnaubenden Rappen gezogen, in dieersten Straßen der Provinzialhauptstadt einbog. Grüneund blaue Frauenschleier wehten in dem frischen Windhinter dem Gefährt her, unter den flatternden grauenStaubmänteln blitzten vorüberhuschend weiße und rosaSommerkleider auf, und zuweilen wurde das Rasseln derRäder durch ein plötzlich auffahrendes Mädchenlachen übertönt,das sich ungeniert und im vollen Genuß des Augenblicksäußerte. Dann streckte mancher kleine Handwerksmeisterden Kopf aus seinem Laden heraus, oder in denschrägen Spionenspiegeln, die an die schmalen Fenster derWohnstuben angeschraubt waren, tauchte das zitterndeKonterfei einer nähenden Bürgersfrau auf, die nach einemBlick auf das strahlende Gefährt befriedigt feststellte:

»Aha, die drei Grothe-Marjellen sind wieder da. Hellwig,du bleibst zu Hause, die Älteste kauft nachher ein.«

Und nach einer Weile des Herauslugens setzte dann wohldie dicke Vorkosthändlerin in angenehmer Gewißheit hinzu:

»Natürlich, die Grotheschen stellen im Deutschen Hause...

BU KİTABI OKUMAK İÇİN ÜYE OLUN VEYA GİRİŞ YAPIN!


Sitemize Üyelik ÜCRETSİZDİR!