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Zwischen Podolin und Lomnitz, wo sich die Ebeneaus einer flachen Mulde zu einem unscheinbarenHügelchen erhebt, lag der Ansorge-Hof. Das Wohngebäudelehnte mit der Rückseite gegen die wildenHecken, die den weitläufigen parkartigen Garten begrenzten.Das Haus, mit den weißgekalkten Mauerntief in die Erde gebohrt, erschien durch eine zum Torführende Steintreppe und durch die zopfigen Verzierungenum die Fenstervierecke als ein Mitteldingzwischen Bauern- und Herrenhaus. Das überhängendeZiegeldach leuchtete wie eine mächtigeKapuze brennend rot über die Landschaft. VomDorf war nur der Kirchturm zu sehen, denn unvermutet,durch eine Laune der Natur, erhebt sich beiPodolin ein schroffer Erdhügel, der den träg einherziehendenFluß zwingt, ihm in weitem Knie auszuweichen.Podolin selbst liegt auf der sanfter abfallendenSeite des Hügels, ist aber gegen Südenbis hart an den Fluß herangebaut, so daß die Hauptstraßedes Dorfs nahezu die Gestalt eines S hat.Ringsumher dehnt sich wellig-ebenes Land, das nichtallzu reichlich mit Baum und Busch bedeckt erscheint.
Zwischen dem Dorf und dem Ansorge-Hof breitetesich ein häuserloser, öder Erdstrich. Nur ein großerZimmerplatz lag am Flußufer und von ihm strömteSommer und Winter der Geruch frisch behauenerBaumstämme aus.
Die meisten Leute in der Gegend erinnerten sichgenau des Tages, an welchem Frau Ansorge in einer[8]altertümlichen vierschrötigen Kutsche von der OstrauerStraße her ins Dorf eingefahren war, begleitet vonihrer Dienerin Ursula, die den fünfjährigen Arnoldauf den Knien hielt. Der damalige Bürgermeisterhatte die Frau hinüber geführt auf den Hof, der seitmehr als hundert Jahren einem ehemals reichen undnun zu grunde gegangenen Bauerngeschlecht gehörthatte. Bald begann eine ruhige, doch unablässigeGeschäftigkeit das Aussehen des verwahrlosten Guteszu verändern. Stall und Scheune wurden in Standgesetzt, Zäune aufgerichtet, der versandete Brunnenwurde tiefer gegraben, der Viehstand verbessert, neueMöbel, neue Pflüge, neues Gesinde beschafft unddas Wohnhaus erhielt ein neues Dach.
Drei Monate früher hatten Frau Ansorges Wünschenoch andern Lebenszielen gegolten, als in der mährischenEinsamkeit Ruhe vor der Welt zu suchen. Siehatte die Vergnügungen der Geselligkeit und alle jeneFreuden geliebt, welche ihr der Reichtum ihres Mannesverschaffen konnte. Alfred Ansorge war einer dergroßen Kohlenwerksbesitzer des Ostrauer Reviers gewesen.Allerdings hatten ihn seine Geschäfte gezwungen,einen großen Teil des Jahres in der traurigen,rußigen Stadt zuzubringen, aber desto schönerwar dann der Gegensatz zu der in Wien, im Gebirgeoder auf Reisen verbrachten Zeit. Von einer solchenReise kehrte die Familie, Mann, Frau und Kind,anfangs Dezember nach Ostrau zurück. Die Winternacht,der sie entgegenfuhren, besiegelte das Schicksalder dre