Frieda Freiin von Bülow.
Berlin 1889.
Walther & Apolant.
Markgrafenstraße 60.
Alle Rechte vorbehalten.
Meinen
wackeren Freunden und Gefährten
in Ost-Afrika
mit herzlichem Gruße
zugeeignet.
Der Markusplatz lag in hellem Sonnenglanz,welcher in all dem blanken Marmor undin der Goldmosaik der wunderbaren maurischenKirche funkelte und blitzte. Auf den Marmorplattenwogte eine festtägliche Menge mit nur inVenedig möglicher Geräuschlosigkeit. Tausendevon schönen Augen sahen erwartungsvoll nachder berühmten Uhr hinauf, die heute ihr schönstesKunststück machte, denn es war am Tage derHimmelfahrt Christi. – Wir aber wandten uns,begleitet von einigen Kofferträgern nach derPiazzetta, von wo aus wir eine der langgeschnabeltenschwarzen Gondeln bestiegen und nach dem Hafenhinausruderten. Dort lag, weit draußen, der große »Indienfahrer,« ein Dampfer der »Peninsularand Oriental Steam Navigation Company,«der uns nach Aden bringen sollte. Mein Onkelund seine junge Braut geleiteten uns noch anDeck, doch mußten sie uns bald das letzte Lebewohlsagen, denn die Abfahrtsstunde war gekommen.So lange wir die sich Entfernendensahen, winkten wir mit den Tüchern. Dann nahmdas Rasseln der Ankerkette, das Hin- und Herlaufendunkelfarbiger Matrosen, die Commandorufeder Schiffsofficiere, der lange, klagende Pfiffund das Schnaufen der in Thätigkeit gesetztenMaschine unsere Aufmerksamkeit gefangen.
Schönes heiteres Wetter und ruhige See begleitetenuns bis Alexandria, wo uns dicht amSchiff bereits der Eisenbahnzug nach Suez erwartete.Wir hatten indessen bis zur Abfahrtszeitnoch eine oder zwei Stunden zu warten. Sowiedas Schiff still lag, kamen zahlreiche Aegypteran Bord, um uns ihre Dienste anzubieten, oderWaren feil zu halten. Ihr Mienenspiel und ihr gebrochenesEnglisch erschienen mir überaus komisch.Einem englischen Oberst, der nach Indien reiste,fiel es ein, Volksreden zu halten. Damit schiener den Geschmack des braunen Auditoriums getroffenzu haben. Sie scharten sich um den Redner, lauschten seinen Worten mit Aufmerksamkeitund waren mit pfiffigen Gegenbemerkungenstets bei der Hand. Der würdige Oberst, einvornehm und selbstbewußt dreinschauender alterHerr, sagte diesem »süßen Pöbel« übrigens keineSchmeicheleien. Er schalt sie vielmehr mit einereines Bußpredigers würdigen Aufrichtigkeit auswegen ihres Verhaltens gegen die Europäerwährend des letzten Aufstandes. Der Rede kurzerSinn war ungefähr: »Ihr miserablen Kerls,schämt Ihr euch nicht, den Europäern das Geldabzunehmen und uns wie Fliegen zu umschwärmen,so lang ihr glaubt, noch etwas aus uns herausziehenzu können, und dann, wenn dieselbenEuropäer, denen Ihr Euren Lebensunterhalt verdankt,vor Euren Augen bedrängt werden, sienicht mehr kennen zu wollen! Ihr nichtsnutzigeBande! Hat auch nur einer unter Euch Handoder Fuß gerührt, um Euren Wohlthätern zuhelfen?!« –
Der Oberst redete im Tone gerechtester Entrüstungund sparte nicht mit dem »for shame!«Seine Zuhörer, die von Zeit zu Zeit sehr intelligent