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Von
Dr. Gustav Stresemann
Mitglied des Reichstages
Deutsche Verlags-Anstalt
Stuttgart und Berlin 1915
Alle Rechte vorbehalten
Druck der
Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart
Papier von der Papierfabrik Salach
in Salach, Württemberg
Auf deiner Insel,
neidisches England,
du bist der Urfeind.
Schmidtbonn
Seit den Zeiten, in denen französische Eroberungslust unterLudwig XIV. die deutsche Pfalz verwüstete, den Zeiten,von denen die Ruinen des Heidelberger Schlosses zeugen, giltüber Napoleon I. und seinen kleinen Namensträger Napoleon III.hinweg bis in die Zeiten der französischen Revanchepolitiker, derAugenblickserscheinung eines Boulanger und der Politik einesDelcassé, Frankreich schlechthin als der Erbfeind der deutschenNation. Allen Deutschen war der Gedanke gegenwärtig, daßum das Deutsche Reich, welches auf den Schlachtfeldern errungenwar, noch einmal auf den Schlachtfeldern gestritten werden müßte,um seine Existenz zu bewahren. Westwärts war der deutsche Blickin diesem Sinn gerichtet, und wenn in Stunden der Erinnerungan deutsche militärische Großtaten die Herzen sich weiteten undder Deutsche zum Ausdruck bringen wollte, daß er sein Vaterlandschützen werde gegen jeden Angriff, der von außen käme, dannsprach er von der Wacht am Rhein und davon, daß Deutschlandsschönster Strom mit dem Herzblut des deutschen Volkes verteidigtwerden würde.
50 Jahre des Friedens hat uns Moltke als das Höchstmaßdessen genannt, was uns beschieden sein würde, bis wir wieder zumSchwerte zu greifen hätten. Ehe noch dieses halbe Jahrhundertverflossen war, ist der Weltkrieg ausgebrochen, der gegenwärtig inallen Erdteilen Kämpfer aufruft. Von dem ersten Augenblicke an,in dem es klar war, daß wir diesen Kampf zu bestehen hätten, dascholl wie in alter Zeit die Wacht am Rhein aus den Kehlen derDeutschen. Aber die Augen und der Sinn richteten sich nicht sosehr gegen Westen hin, wo Frankreich seine Heere aufgestellt hatte,um Revanche zu nehmen für Sedan und Metz und den Einzug inParis, auch nicht so sehr nach dem Osten hin, wo Millionenheerebereit standen, um über deutsche Gaue herzufallen, wie nach derNordsee, nach England.
[S. 6]Fast jeder der am Weltkrieg beteiligten Staaten hat in derZwischenzeit Dokumente erscheinen lassen über den Ursprung desKrieges. Jeder sucht dur