Irene Forbes-Mosse / Laubstreu
Irene Forbes-Mosse
Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart
Berlin und Leipzig
1923
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Alle Rechte vorbehalten
Druck der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart
Der Pelikan | 7 |
Mitleid | 21 |
Wie es die Kinder erlebten | 45 |
Etüde | 87 |
Die Waldschenke | 127 |
Die Verirrten | 145 |
Glückliche Zeiten | 159 |
Zoologie | 175 |
Laubstreu | 189 |
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Der Strauch erzittert, | |
Wenn ein Vöglein drüber flog, | |
Mein Herz erzittert, | |
Weil Erinn'rung es durchzog. | |
Petöfi |
Zwei Menschen wanderten im toskanischen Lande.Sie hielten sich fern von den großen Städten. Nicht ausMenschenscheu; denn große Liebe ist wie der Panzerdes Ritters ohne Furcht und ohne Tadel. Aber es warin der Frühlingsvollendung ein Ermatten über sie gekommen,und in den kleinen, grauen Nestern, wo dasLand mit tausend blühenden Obstbäumen, die Hügelhinan, gegen die alten Mauern zu Felde zog, ließen sichdie letzten Tropfen mit trägeren, tieferen Zügen trinken.Hier waren nur einfache Menschen, die die Erde umgrubenoder vor den Häusern saßen mit ihren Handwebstühlenund Korbflechtereien: irgendein graues Steinwappenüber der Tür deutete wohl zurück in alte, streitsüchtigeZeiten, aber in diesem gleichmütigen Sonnenscheindachte man nicht an sie, streichelte ein Kätzchen,lächelte einem braunen Mädchen zu, das mit schönenüberfließenden Kupfergefäßen vom Brunnen kam; dawar kein Peitschenknallen, kein Menschengedräng, keinegroßen, weltberühmten Bauten, die beiden aus ihremBehagen aufzuschrecken, wenn sie durch das silberneLand schlafwandelten, das sie anzublinzeln schien wieeine heimlich Verbündete. Ohne Plan gingen sie,hügelan und hügelab, zwischen Mauern auf engengepflasterten Wegen, über die der Schattentanz derOlbäume zitterte, oder die Mauern hörten auf, undman sah weit aus ins Grau, ins Silber, von Mandelund Pfirsich und Kirsche weiß und rosig getupft;feine Kirchtürme ragten, zart und erlesen, und immer...