Skizzen eines deutschen Malers
von
Wilhelm Heine.
Mit einem Vorwort
von
Friedrich Gerstäcker.
Leipzig,
Hermann Costenoble.
1853.
Der geliebten Schwester
gewidmet
vom Verfasser.
Wenn junge Autoren ihr Erstlingsbüchlein in dieWelt schicken, so pflegen sie es gewöhnlich irgendeiner hohen oder berühmten Persönlichkeit zu widmen,um ihr geringes Opus zu Ehren zu bringen; wenndagegen bereits bekannte Autoren schreiben, so ehrensie einen ihrer Freunde mit der Dedication.
Da nun aber gegenwärtiges Büchlein weder sobedeutend ist, um Jemand durch seine Dedication zuehren, noch ich so anmaßend sein will, irgend eine hoheoder berühmte Persönlichkeit damit zu belästigen, sonderndie darin enthaltenen Reisemittheilungen nichtsAnderes als Lebens- und Liebeszeichen für Euch inder Heimath sein sollen, so eigne ich dieselben Dir zu.
Oft in einsamer Gebirgsöde, beim trüben Lagerfeuer,wenn das Geheul der Cayotas und Jaguarsmeine Nachtmusik bildete, flogen meine Gedanken der lieben Heimath zu, und ich dachte Deiner, wie Dumit liebender Sorge dem alternden Vater, der gramgebeugtenMutter zur Seite standest und den Platzausfülltest, den der ferne Sohn und Bruder leergelassen.Und so wird es auch wieder sein, und aufnächtlicher Deckwache in fernen unbekannten Meerenwerden wieder meine Gedanken in der Heimath weilenund meine heißen Segenswünsche sie begleiten.
Nimm darum dies Büchlein als eine Liebesgabevon mir an; bitte Gott, daß er einst uns Allen einfröhliches Wiedersehen verleihen möge und gedenkestets in Liebe
Deines
treuen Bruders
Wilhelm.
Geschrieben an Bord der DampffregatteMississippi, in der Chasepeakbay,den 20. Nov. 1852,am Tage vor der Abfahrt deramerikanischen Expedition nachJapan.
Der Leser soll hier zum ersten Mal mit einemjungen Künstler bekannt werden, den nicht nur seinfrischer fröhlicher Muth und jene geheimnißvolle,aber doch auch so gewaltige Lust nach einem regenLeben, sondern auch der ernste Zweck, seinen Studienobzuliegen und seine Kenntnisse zu erweitern,in die Welt hineingetrieben, und der selbst in diesemAugenblicke bei unseren Antipoden herumschwimmt,oder mit der Büchse auf der Schulter und der Palettein der Mappe die Küsten des indischen Archipelsdurchforscht und die Schätze plündert, dieMutter Natur da draußen ja mit vollen Händenausgestreut über das wundervolle Land.
Wilhelm Heine, zuerst zum Architekten bestimmt,fand mehr Freude an der freien Malerkunst. SeinTalent hierzu offenbarte sich bald. Von dem Königvon Sachsen in seinem Plane unterstützt, wandte er sich zuerst nach Paris, dort Decorationsmalereizu studiren und später seine Kenntnisse der DresdenerHofbühne zu widmen. Die dort 18