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Schwedenklees Erlebnis

von
Bernhard Kellermann

1923
S. Fischer / Verlag / Berlin

Erste bis zehnte Auflage
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung
Copyright 1923 by S. Fischer, Verlag A.-G., Berlin

Schwedenklees Erlebnis

1

Es gibt Menschen, die vom Glück geradezu verfolgtwerden. Sie wachsen in angenehmen Verhältnissen auf,behütet von Eltern und Verwandten, ihre Gesundheit istvorzüglich, sie sind begabt genug, um ohne besondere Anstrengungenund Qualen ihre Erziehung zu beenden. Siehaben gerade soviel Leidenschaftlichkeit, als dazu gehört,das Leben zu genießen, allen wirklichen Konflikten aberweichen sie instinktiv aus – oder weichen die Konflikte vorihnen zurück? Was immer sie anpacken, gelingt, sie kommennach Monte Carlo und setzen auf eine ganz unmöglicheNummer, schon schiebt ihnen der Croupier zur Verblüffungder ergrauten Serienspieler einen HaufenBanknoten zu. Aber sie, diese vom Schicksal Verwöhnten,finden das vollkommen in Ordnung, so sehr sind siean die Ovationen des Glücks gewöhnt. Es kann vorkommen,daß solch ein Umschmeichelter einmal aufs Trockenegerät, schon wird ihm der Atem etwas kurz – aber dastirbt im rechten Augenblick irgendein Verwandter, denman völlig vergessen hatte ...

Wie fangen diese Auserwählten es an, daß das Glückihnen wie ihr Schatten folgt? Tragen sie einen Talismanauf der Brust? Vielleicht die Konstellation derGestirne –?

Wie kommt es, das ist die Antwort, daß ein Vogel alsPapagei am Amazonenstrom zur Welt kommt, dem Paradiesder Vögel, in einer Luft, schwirrend von Insekten,warm selbst in den kalten Jahreszeiten – und ein andererVogel wird als Sperling in einer Dachrinne Berlinsoder Londons geboren, wo jeder Tag ein Problemist und jeder Winter ein Kampf auf Leben und Tod?

 

Zu jener Klasse von Umschmeichelten gehörte ohneZweifel der Architekt Philipp Schwedenklee. Schwedenkleewar wohlhabend, ohne gerade ein Rothschild zu sein.Er konnte es sich jedenfalls, zum Beispiel, leisten, einerjungen Dame ein Paar der elegantesten Lackschuhe zuschenken, nur dafür, daß sie einen Abend mit ihm bei einerFlasche Wein verplauderte. Er besaß ein schönes Wohnhausim alten Westen von Berlin, daneben einige großeBauplätze am Kurfürstendamm, auf denen seit JahrenScharen von Möbelwagen standen. Diese Bauplätze verzinstensich mit nur drei Prozent, aber ihr Wert hatte sichim Laufe der Jahre verdreißigfacht. Daneben besaß erein Landgut in Mecklenburg – aber Schwedenklee kümmertesich wenig um seine Reichtümer. Sie schimmertenberuhigend im Hintergrund seines Bewußtseins, genug.

Schwedenklee hatte sein Vermögen von seinem Vatergeerbt. Der alte Schwedenklee hatte schon mit fünfzehnJahren im Schweiße seines Angesichts die Maurerkellegeschwungen, zehn Stunden täglich. Mit fünfunddreißigheiratete er eine reiche Gastwirtstochter und wurde Bauunternehmer,und im Alter von fünfundvierzig hatte erbereits einen ganzen Straßenzug einer Provinzstadt inder Mar

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