Anmerkungen zur Transkription:
Der Text stammt aus: Immanuel Kants Werke. Band IV. Schriften von1783–1788. Herausgegeben von Dr. Artur Buchenau und Dr. Ernst Cassirer.Berlin: Bruno Cassirer 1913. S. 201–210und 541 (Lesarten).
Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurdenübernommen.
Im Gentleman's Magazine, 1783, befindet sich gleich zu Anfangein Sendschreiben des russischen Staatsrats Herrn AEPINUS anHerrn PALLAS über eine Nachricht, die Herr MAGELLAN derKaiserl. Akademie der Wissenschaften in Petersburg mitgeteilthat, betreffend einen vom Herrn HERSCHEL am 4. Mai 1783entdeckten Vulkan im Monde. Diese Neuigkeit interessierte HerrnAEPINUS, wie er sagt, um destomehr, weil sie seiner Meinungnach die Richtigkeit seiner Mutmaßung über den vulkanischenUrsprung der Unebenheiten der Mondsfläche beweise,die er im Jahr 1778 gefaßt und 1781 in Berlin durchden Druck bekannt gemacht hat(1); und worin sich, wie er mitVergnügen gesteht, drei Naturforscher einander ohne Mitteilungbegegnet haben: er selbst, Herr AEPINUS in Petersburg, HerrProfessor BECCARIA zu Turin und Herr Prof. LICHTENBERGin Göttingen. Indessen da durch den Ritter HAMILTON dieAufmerksamkeit auf vulkanische Kratere in allen Ländern so allgemeingerichtet worden, so sei jene Mutmaßung mit einer überständigreifen Frucht zu vergleichen, die in die Hände desersten besten fallen müssen, der zufällig den Baum anrührete.Um endlich, durch Ansprüche auf die Ehre der ersten Vermutung,unter Zeitgenossen keinen Zwist zu erregen, führt er den berühmtenROBERT HOOKE als den ersten Urheber derselben an,in dessen Mikrographie (gedruckt 1655) im 20sten Kapitel er gradedie nämlichen Ideen angetroffen habe. Sic redit ad Dominum –
Herrn HERSCHELS Entdeckung hat, als Bestätigung der zweideutigenBeobachtungen des Neffen des Herrn BECCARIA unddes DON ULLOA, allerdings einen großen Wert und führt aufÄhnlichkeiten des Mondes (wahrscheinlich auch anderer Weltkörper)mit unserer Erde, die sonst nur für gewagte Mutmaßungenhätten gelten können. Allein die Mutmaßung des Herrn AEPINUS bestätigt sie (wie ich dafür halte) nicht. Es bleibt,unerachtet aller Ähnlichkeit der ringförmigen Mondsflecken mitKrateren von Vulkanen, dennoch so ein erheblicher Unterschiedzwischen beiden und dagegen zeigt sich eine so treffende Ähnlichkeitderselben mit anderen kreisförmigen Zügen unvulkanischerGebirge oder Landesrücken auf unserer Erde, daß ehereine andere, obzwar nur gewissermaßen mit jener analogischeMutmaßung über die Bildung der Weltkörper dadurch bestätigtsein möchte.
Die den Krateren ähnlichen ringförmigen Erhöhungen imMonde machen allerdings einen Ursprung durch Eruptionenwahrscheinlich. Wir finden aber auf unserer Erde zweierlei kreisförmigeErhöhungen, deren die einen durchgängig nur von sokleinem Umfange sind, daß sie, vom Monde aus beobachtet,durch gar kein Teleskop könnten unterschieden werden; und vondiesen zeigen die Materien, woraus sie bestehen, ihren Ursprungaus vulkanischen Eruptionen. Andere dagegen befassen ganzeLänder oder Provinzen von vielen hundert Quadratmeilen Inhalt,innerhalb eines mit höhern oder minder hohen Gebirgen besetztenund sich kreisförmig herumziehenden Landrückens. Diese würdenallein vom Monde aus, und zwar von derselben Größe als wirjene kreisförmigen Flecken im Monde erblicken, gesehen