Buchdeckel

Anmerkungen zur Transkription:

Die Rechtschreibung und Zeichensetzung des Originals wurde weitgehendübernommen, lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert.Bei der Kapitelzählung wurde im Original das elfte Kapitel übersprungen;diese Zählung wurde in der transkribierten Fassung übernommen.Am Ende des Textes befindet sich eineListe korrigierter Druckfehler.Das Titelbild für Ebook-Betrachter wurde vom Bearbeiter erzeugtund in die Public Domain eingestellt.

Waldemar Bonsels / Blut


Waldemar Bonsels

Blut

Eine Erzählung

Verlagssignet

56. bis 58. Tausend
Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart
Berlin und Leipzig
1923

Die erste Ausgabe ist im Jahre 1909 erschienen
Copyright 1914 by Hesse & Becker Verlag in Leipzig
Druck der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart


Erstes Kapitel.

Anne-Dore sah von ihren Fenstern aus am Rand eines niedrigenBuchenwaldes hin die rote Heide. In leichten Hügeln dehnte sie sichweiter hin, als das Auge reichte, und wenn die Sonne, die von drei Uhrnachmittags ab ihre Zimmer bewohnte, abends hinter die glühendenSchleier sank, die der Atem der Heide aus ihren letzten Strahlen wob,erschien dem Mädchen die Welt unendlich und vollkommen. Die kleinenKiefern standen schwer und schwarz in rotem Gold, der Wald versank ingraue Träume voller Geheimnisse und fremder Graun, nur die rötlichenFelsen fern hinter ihm, niedrig und zerklüftet, wie sie waren, wachtennoch eine Zeitlang in den Farben der Abende, deren Stille berückend war,die Schläge der Herzen hörbar machte und die Augen mit großen, kühlenTräumen überschattete.

Seit einigen Jahren war Anne-Dore dies abendliche Bild gewohnt wie einenotwendige Lebenserscheinung, sie hätte sich ihr schlichtes undeintöniges Leben nicht mehr denken können, ohne daß die Weite derbreiten Heide mit ihrem wechselnden Wesen, ihren frohen Lichtern undFarben und ihrer grauen Betrübnis, auch ihrem eigenen Wesen seinGesicht, ihrem Herzen seine Stellung zu allen Dingen der Welt verliehenhätte. Aber auch die Hügel der Heide, ihre Sträucher und Kiefern, ihrearmseligen Strohhütten und die Buchen des Waldes, der sie gegen Südensäumte, schienen Anne-Dore zu kennen und sie in der gleichen Treue zulieben, in der ihnen das Herz des Mädchens gehörte. Geduldig trugen sieihr weißes, winterliches Kleid, des neuen Frühlings gewiß, in dem siefür Anne-Dore grünen sollten, für Anne-Dore, die schon als ganz kleinesMädchen mit nackten Füßen und fliegendem Kleid durch ihre sommerlichePracht gestürmt war.

Eigentlich immer allein. Tiefer im Tal, an den Hügeln, die das Landhausvon der Stadt trennten, standen kleine Bauernhäuser, zu klein und arm,um Gehöfte genannt werden zu können, und doch zu wohlgepflegt undsäuberlich, als daß man sie mit den dürftigen Anwesen der Tagelöhner ausder Stadt verwechselt hätte. Mit den Kindern, die dort aufwuchsen, hatte

...

BU KİTABI OKUMAK İÇİN ÜYE OLUN VEYA GİRİŞ YAPIN!


Sitemize Üyelik ÜCRETSİZDİR!