Anmerkungen zur Transkription
Das Original ist in Fraktur gesetzt.Weitere Anmerkungen zur Transkription befinden sicham Ende des Buches.
Erzählung für die Jugend
von
Josephine Siebe
Mit Buchschmuck von Ernst Kutzer
Fünfte Auflage
Verlag von Levy & Müller in Stuttgart
Nachdruck verboten
Alle Rechte, insbesondere das Übersetzungsrecht, vorbehalten
Druck: Chr. Verlagshaus, G. m. b. H., Stuttgart
[1]
Zwei Reisegefährten erzählen sich etwas von den Schelmen vonSteinach, und Heinrich Fries plant mit seiner Mutter eineSommerreise
In einem Bähnchen, das bedachtsam, ohne sonderlicheEile, aber mit viel Gepuff und Gestöhn durchdas Land lief, saßen zwei Männer. Der eine war alt,der andere war jung. Der Alte kannte die Gegend, derJunge kannte sie nicht, und weil der Junge zu denengehörte, die sich gern belehren lassen, fragte er dies unddas. Der Alte gab ihm gern Auskunft, er gab sie wieeiner, der Land und Leute liebhat.
Das Bähnchen fuhr auch an einem Dorf vorbei,über dem das Gebirge dunkel bergan stieg. Von dreiSeiten liefen Straßen auf das Dorf zu; sie waren mitObstbäumen eingesäumt, die just in Blüte standen.[2]Wie weiße, schimmernde Bänder lagen die Straßenim Sonnenglanz, und ein weißer Blütenkranz umschmiegteauch das Dorf. Es sah hübsch aus, und derjunge Mann im Zug beugte sich rasch hinaus und las,was an dem Bretterbudchen stand, das sich stolz Bahnhofnannte. »Steinach am Wald« hieß das Dorf.
Auch der alte Mann schaute hinaus und nicktedem Dörfchen zu wie einer, der einen guten Freundgrüßt, zu dem er sagen will: Wir haben uns lieb.
»Da oben hat wohl einmal eine Burg gestanden?«fragte der junge Mann und deutete auf einen mäßighohen, nach einer Seite steil abfallenden Berg, dessenGipfel ein paar Mauerreste krönten.
»Ja, dort oben – der Berg heißt der Schafskopf –hausten einst die Schelme von Steinach, daswar ihre Stammburg.«
»Die Schelme von Steinach auf dem Schafskopf!«Der junge Mann lachte und fragte: »Ein verlockenderName! Gibt es die Schelme noch?«
»Nein, das Geschlecht ist ausgestorben, aber« –ein heiteres Schmunzeln lief über des Alten Gesicht –»die Geschichten von ihnen leben noch in der Erinnerung,und die Nachbarn ringsum nennen die Steinachergern nach den alten Herren von einst die Schelmevon Steinach.«
[3]
Das Züglein hatte den kleinen Bahnhof verlassen.Pustend und stöhnend fuhr es weiter, und das Dorfmit den weißen, schimmernden Blütenstraßen entschwandallmählich den Blicken der Reisenden. Dochdie Gedanken des jungen Mannes blieben noch daranhängen, er fragte: »Wie waren denn die Sch