Nur wer die Sehnsucht kennt ...
Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung Nachfolger
in Stuttgart und Berlin
Ida Boy-Ed
Die säende Hand. Roman. 4. .Auflage
Geheftet M. 3.50 In Leinenband M. 4.50
Um Helena. Roman. 3. Auflage
Geheftet M. 3.50 In Leinenband M. 4.50
Ein königlicher Kaufmann. Hanseatischer Roman
13.-15. Auflage Geheftet M. 4.— In Leinenband M. 5.—
Die Lampe der Psyche. Roman. 3. Auflage
Geheftet M. 3.50 In Leinenband M. 4.50
Nur wer die Sehnsucht kennt ... Roman. 6. u. 7. Aufl.
Geheftet M. 3.50 In Leinenband M. 4.50
Die große Stimme. Novellen. 3. Auflage
Inhalt: | Die große Stimme — Der Dorfdiplomat — Treulose Treue — Nur im Kreise — Eine Brutalität — Das letzte Wort — Die Moral ist gerettet — Ein Testament — A — Ein Handel |
Geheftet M. 2.— In Leinenband M. 3.—
Roman
von
Ida Boy-Ed
6. u. 7. Auflage
Stuttgart und Berlin 1911
J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger
Alle Rechte vorbehalten
Copyright 1910 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger Stuttgart
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart
Jeanne Gräfin Bernstorff
zu eigen
Lübeck, 1. April 1911
Auf dem Jachtklubball in der Marineakademie, derwie immer die Kieler Woche abschloß, gewährte dieherkömmliche Überzahl von Herren jeder Dame das Vergnügen,sehr gesucht und umschwärmt zu sein. Aber dieDringlichkeit, mit der in den Tanzpausen die schöne FrauJutta von Verehrern umworben wurde, wirkte selbsthier so auffallend, daß sie sich als Königin des Festeshätte fühlen dürfen.
Es schien jedoch, als nähme sie alles mit einem erzwungenenoder zerstreuten Lächeln hin: die brüderlicheFürsorge der Crewkameraden ihres fernen Gatten unddie feurige Verehrung der jüngeren Seeoffiziere.
Sie stand eben im Vorsaal des ersten Stockwerks,vor einer der Säulen, die den hohen Plafond trugen.Die etwas grelle Helligkeit, die von überall her das aufstrebendeRund des grauen Marmors traf, überstreuteihn mit gleißenden und unruhigen Reflexen, so daß ihmdie gerade Linie eines Glanzlichtes fehlte. Das gabeinen zu flimmernden Hintergrund für den dunkelhaarigenFrauenkopf, dessen Umriß dadurch etwas Verwischtesbekam.
Frau Jutta war ein wenig bleich, wie es mancheFrauen vom Tanzen werden. Ihre Gestalt, trotzdem sieüber Mittelgröße war, wirkte zart. Aus dem blassenGoldgelb ihres Chiffonkleides hoben sich in feinen Liniendie Schultern hervor. Das Bestimmende an ihrer Erscheinungwar vielleicht die Art, wie der schlanke Halsden Kopf trug: erhoben, in unbewußt herrischer Haltung.
Von den