Anmerkungen zur Transkription
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Ein Versuch
zur Rettung alten Volksgutes
von
Max Wenzel.
1921.
H. Thümmlers Verlag in Chemnitz.
Der
Chemnitzer Volkshochschule
und ihrem verdienten Leiter
Herrn Studienrat Dr. Hans Keller
in Verehrung gewidmet.
Dies Büchlein will nichts, als eine Unzahl Blütenalterzgebirgischer Volkspoesie, die bisher verstreut oder vergessenwaren, zu einem kunstlosen Strauße binden.
Volkslied und Volksdichtung sind lange nicht mehrkaum geduldete und mitleidig belächelte Begriffe imdeutschen Kunstleben. Das Volkslied erklingt auf allenWegen und Stegen, daheim und im Konzertsaal; die Volksdichtunghat verständnisvolle Leser und das Volksbühnenspieldurch Haaß-Berkow begeisterte Hörer und Miterlebergefunden. Die sentimental-süßliche für das Volkzurechtgestutzte Volkskunst ist als falsches Gold erkanntund entwertet worden und mit gediegener Eigenprägungwartet die künstlerische Münze unseres Volkes auf.
Durch alle Gegenden des deutschen Landes braust einvoller Chor zum Preise unseres unverfälschten Volkstums,möge das Stimmlein dieses Buches ihn verstärken helfen!
»Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot vomKaiser Augustus ausging«, so beginnt die lieblichste allerreligiösen Erzählungen. Alle Fragen geschichtlicher Kritikund fordernder Dogmatik schweigen bei dieser Weihnachtsgeschichteund selbst der dem Christentum Abgekehrte läßtdie heiligen Märlein gern auf sich wirken und feiertselige Kindheitserinnerungen. Wie ein echtes und rechtesVolkslied mutet dieser Bericht von der Geburt desHeilandes an. Das traute hochheilige Paar im dunklenStalle, wo der Weltenheiland nackt und arm geboren wird.Aus der Tiefe muß er emporsteigen, der sein Volk zurHöhe führen will. Und den armen und verachteten Hirtennaht der himmlische Herold und schickt sie zu dem frierendengöttlichen Kinde. Auch der geheimnisvolle Orient mußvertreten sein, darum erscheinen die drei Weisen aus demMorgenlande, sogar ein wirklicher Neger ist dabei, undstellen ihre reichen Gaben in den Stall. Gegensätze überGegensätze, wie sie das Volk liebt.
Darum war es der glücklichste Gedanke der altchristlichenKirche, die volkstümlichste Erzählung der heiligen[7]Schriften in den Mittelpunkt eines Festes zu stellen, dasheute noch seinen Zauber auf Gläubige und Ungläubigeausübt.