Anmerkungen zur Transkription:
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Selbstbiographie
des
Strafgefangenen Antonino M…
von
A. G. Bianchi.
(Mitglied des Corriere della Serra in Mailand)
Zu wissenschaftlichen Zwecken herausgegeben
mit einem psychiatrischen Gutachten
von Professor
Silvio Venturi
Direktor der Provinzial-Irrenanstalt in Catanzaro.
Autorisierte deutsche Übersetzung von Dr. Friedrich Ramhorst.
Berlin und Leipzig
Alfred H. Fried & Cie.
1894.
Dieses Buch kann und soll nicht nach gewöhnlichenGesichtspunkten beurteilt werden: Der Titel Roman istsubjektiv gerechtfertigt, insofern die Empfindung, welcheden Helden dieser Blätter veranlaßte, sie zu schreiben,sicher nicht von der verschieden ist, welche viele zeitgenössischeAutoren veranlaßte, ihre Gedanken und Gefühlein einer oft selbstbiographischen Form herauszugeben.Dostojewski's »Schuld und Sühne«, Zola's »Bêtehumaine« und Gabriele d'Annunzio's »GiovanniEpiscopo« und »l'Innocente« sind die letzten Probendieser pathologischen Litteratur, wo die Genialität derVerfasser zu einer tiefen Intuition krankhafter Bewußtseinsphasensich erhebt und die Kunst das Ansehen derWahrheit erreicht.
In diesem Fall ist die Kunst arm, aber die Aufrichtigkeitist vielleicht größer, und die Unerfahrenheit desVerfassers dient dazu, ihr Relief zu geben; denn wenndas Wahre sich hervorhebt und einen unverkennbarenstilistischen Ausdruck annimmt, so kann das Unwahre[IV]nicht, wie bei den berufsmäßigen Schriftstellern, denFirnis stilistischen Schmuckes oder der angenehmenTäuschung erlangen.
So kommt es, daß das, was nach der Absicht desVerfassers ein Kunstwerk sein sollte, in der That einwissenschaftliches Dokument geworden ist.
Der Verbrecher, diese antisoziale Individualitätkann sich mit Recht als die great attraction der zeitg