Clementine.

Woman's love! how strong is it in its weakness,
how beautiful in its guilt.
Bulwer, Pelham.

Leipzig:
F. A. Brockhaus.
1843.

Erstes Kapitel.

Also weil der Herr Geheimrath mich gesterngeistreich gefunden, soll und muß ich ihn heirathen?fragte Clementine und sah dabei lachendihre jüngere Schwester, die Professor Reich, an,die ganz erhitzt auf dem Sopha ihres Wohnzimmerssaß.

Darum allein nicht, entgegnete diese, aberDu darfst diese Verbindung nicht ausschlagen,wie alle andern, die sich Dir boten. Der Geheimrathvon Meining ist ein sehr geachteter,fein gebildeter und reicher Mann; er ist freilich50 Jahre, Du bist aber schon 27, was kanndenn passender sein? Du hast mir selbst gesagt,daß Du an Dein früheres Verhältniß zu Robert Thalberg mit vollkommener Ruhe dächtest;warum also wieder ein Glück, ein wahrhaftesGlück von Dir weisen, das sich Dir vielleichtnie wieder bietet? Mein Mann wünscht dieseVerbindung, die Tante, Deine letzte Instanz,dringt darauf, Meining erwartet das Glück seinesLebens davon und Du selbst hältst Meiningnicht nur für einen liebenswürdigen, sondernauch für einen ehrenwerthen Mann; waswillst Du denn eigentlich, Clementine?

Ich will nicht lügen, Marie! Ich will, ichkann es nicht, und je achtungswerther mir derGeheimrath erscheint, um so weniger möchte ichihn täuschen; ich kann nicht heirathen, quälemich nicht.

Beide Damen gingen fast erzürnt von einander;die kleine, rosige Professorin in die Arbeitsstubeihres Mannes, um ihm das vermuthlicheMislingen ihres Planes mitzutheilen; dieernste, schlanke Clementine auf ihr Zimmer, um den Sturm, den diese Unterhaltung in ihr erregthatte, ruhig austoben zu lassen.

Clementine und Marie Frei waren die Töchtereines hochgestellten preußischen Beamten.Sie hatten früh ihre Mutter verloren und eineTante, Frau von Alven, eine kluge, feinfühlendeFrau, die Witwe und deren einziges Kind frühgestorben war, hatte die Erziehung der beidenMädchen im Frei'schen Hause übernommen.Nichts konnte aber verschiedener sein, als derCharakter dieser beiden Schwestern: Clementine,heftig, geistreich und zu tiefem Fühlen geneigt,wurde schnell von plötzlichen Eindrücken gefesselt,die sich dauernd ihrer Seele einprägten;was sie einmal ergriffen hatte, was ihr lieb gewordenwar, das konnte keine Macht ihr entreißen,das hielt sie fest fürs Leben. Aus diesemGefühl entsprang die treue Anhänglichkeitfür Frau von Alven, die innige Liebe für ihrenVater und die fast mütterliche Zärtlichkeit für die um sechs Jahre jüngere Marie; aber zugleichauch eine leidenschaftliche, unwandelbareLiebe für Robert Thalberg, einen jungen Mann,mit dem sie in ihrer ersten Jugend in allen befreundetenFamilien zusammengetroffen war.

Thalberg hatte in tausend Dingen die auffallendsteCharakterähnlichkeit mit Clementinen.Auch auf ihn wirkten in seiner Jugend die Eindrückedes Moments, und obgleich mit dem schärfstenVerstande und ungewöhnlichem Geiste begabt,hatte sein leidenschaftliches Herz ihn häufigfortgerissen und er sich oft dadurch in eigenthümlichverwickelte Verhältnisse gebracht, diebald störend, bald fördernd auf ihn gewirkt.Ein ungebändigter Freiheitssinn, ein an Tollkühnheitgrenzender Muth, eigensinniges Beharrenauf seinem Willen und doch eine fastkindliche Weichheit gegen die Personen, die erliebte, machten ihn für die Frauen un

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