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Die sechs Mündungen

Novellen
von
Kasimir Eschmid





Kurt Wolff Verlag
Leipzig





Zehntes bis zwanzigstes Tausend
Copyright 1915 by Kurt Wolff Verlag, Leipzig




Hof- Buch- und -Steindruckerei Dietsch & Brückner, Weimar

Diese Novellen, die die sechs Mündungen
heißen, weil sie von verschiedenen Seiten
einströmen in den unendlichen Dreiklang
unsrer endlichsten Sensationen: — des Verzichts
— der tiefen Trauer — und des grenzenlosen
Todes — sind geschrieben zur einen
Hälfte im Herbst Neunzehnhundertdreizehn
und im folgenden März zum anderen Teil.

 

Sie sind gewidmet dem
Doktor Heinrich Simon

Inhalt

Der Lazo1
Der aussätzige Wald33
Maintonis Hochzeit69
Fifis herbstliche Passion99
Yousouf129
Yup Scottens201

Der Lazo

Raoul Perten verließ das Haus.

Seine Füße stiegen die Treppe herunter, erfühlte es und die Bewußtheit des mechanischenVorgangs erfüllte ihn ganz, beruhigte ihn fast, obwohlkeine Erregung in diesen Tagen vorangegangenwar, und dies erstaunte ihn ein wenig.

Es hatte ausgeregnet, die Erde strömte nachden Umwälzungen des Gewitters aus aufgerissenenVentilen dankbaren Geruch in die Höhe. Zwischenden gelben Kieswegen lagen kleine schrägsteigendeDampfwolken, und die wassergefüllten ungeheurenDolden der weißen Fliederbüsche betteten sich schwer,geneigt und getrunken in das Feuchte der Blätter,und als einziges Geräusch klang das Rieseln seinerablaufenden Tropfen in der Luft.

„Das ist alles so einerlei wie ungerecht,“ sagteRaoul. „Wenn ich dies so durch die Nase ziehe,überjagt mich etwas wie etwa die Ahnung einesmaßlosen Flugs. In fünf Minuten aber ist dasvorüber und ich weiß nur noch, daß wir den Abendzu sechs Gängen soupieren, daß Onkel den LouisSchütz mitbringen wird, daß Blumenthal morgen(was macht es mir?) seinen zweiten Rekord feiernwird, übermorgen vielleicht Hans stirbt oder Mellamit dem Russen verschwindet. Und was geht dasWissen da all mich im Grunde an . . .? Onkelhat einen neuen Chablis entdeckt und denkt, daßman ihn den Abend drum feiert. Der Präsidentwird gegen zwölf wie gewohnt seinen Witz erzählen.Rosenheim lacht durch die Nase. Mella wird imOrpheum meinen leeren Platz sehen, sich ärgernoder freuen oder auch nur erschrocken sein.

Fiele ich dort an der Straßenecke in einen gewaltigenund (oh!) varietègrünen See oder sauste

...

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