Einundzwanzigste Auflage
Von C. Viebig sind folgende Werke im Verlage vonEgon Fleischel & Co. / Berlin W / erschienen:
Romane: Rheinlandstöchter / Dilettanten desLebens / Es lebe die Kunst / Das tägliche Brot / DasWeiberdorf / Die Wacht am Rhein / Vom Müller-Hannes/ Das schlafende Heer / Einer MutterSohn / Novellen: Kinder der Eifel / Vor Tau undTag / Die Rosenkranzjungfer / Naturgewalten /Theater: Barbara Holzer. Schauspiel / Pharisäer.Komödie / Der Kampf um den Mann. Dramenzyklus.
Das Weiberdorf
Roman aus der Eifel
von
Mit Umschlagzeichnung von
Professor Max Liebermann
Egon Fleischel & Co.
Berlin
1907
Alle Rechte
vorbehalten
Trapp, trapp — hart klingen die Schritte aufder steinigen Landstraße. Männer, ein ganzer Trupp!Und nun noch ein Trupp und etwas weiter zurückkommt noch ein dritter. Männer mit Schweiß auf denStirnen, mit Staub auf den Stiefeln, mit der ganzenGlut des frühen Sommers und des hastigen Wandernsauf den geröteten Gesichtern. Jeder trägt sein Bündelam Stecken über der Schulter, paarweise schleppen sieauch ein Köfferchen; alle haben sie die Taschen derstädtischen Sonntagsröcke vollgestopft zum Platzen.
Nun halten sie an auf der Höhe von Schwarzenbornund verschnaufen.
Da unten liegt das Salmthal, schmal und grünund lieblich. Die klare Salm schlängelt sich als Silberband;dort, an der letzten Krümmung, ragen die Ruinenvon Kloster Himmerod, schon verschleiert vom Abendduft,und da, dicht zu Füßen, scheinbar mit einemSteinwurf zu erreichen, Eifelschmitt! Daheim, daheim!
Ein froher Schein glitt über die heißen Gesichter,ein tiefer Atemzug hob jedem der Wanderer die Brustunter dem zerknüllten Hemd. Da wurden rasch dieHüte vom Kopf gerissen und geschwenkt. „Hurrah!Helao! Derhäm!“
Der jüngsten einer, der schlanke Kerl mit demFeldblumensträußchen am Strohhut, fing ein Lied an;er schmetterte aus Leibeskräften, sein starker, etwaskratziger Tenor zitterte in mächtigen Schallwellen überdie Bergrücken. Unten im Thal erwachte ein Echo. Dasmachte ihm Vergnügen; er hielt den einen Ton an,gleich stark, endlos, die Bänder am Halse schwollenihm, sein Gesicht wurde blaurot, die Augen quollen ihmvor — immer noch!
Die anderen bewunderten ihn: „Dän kann et!“
Immer noch — da knacks, der Ton brach ab! Ingekränkter Eitelkeit versuchte der Bursche noch einmal,aber die Stimme gehorchte nicht mehr.
„En Krümmel in der Tröt, saon se lao unnenzu Cöllen. Haha, en Krümmel in der Tröt.“ DieMänner lachten.
Der Sänger wurde zornesrot und räusperte sichgewaltsam.
„Looß sin,“ sagte begütigend einer der älteren undklatschte ihn freundschaftlich auf die Schulter. „Haldei Maul, Jong! Sei net e su bubsterzig[1], de Stimmkann mer net kommandieren, se es ken Maschien on kenFramensch.“ Und dann augenzwinkernd. „Wat maanste,Lore