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Die Hochzeit
der Esther Franzenius

Roman
von
Toni Schwabe

A L

Albert Langen
Verlag für Litteratur und Kunst
München 1902


Erster Abschnitt

I

Auf dem Fluß hingen des Morgens Nebel,die sich in zarten Tönungen auch noch überdie Uferwiesen hin erstreckten. In den Straßensangen nach altem thüringer Brauch die »Kurrendeschüler«mit ihren schwarzen Chormäntelchenangethan. Sie zogen von Haus zu Haus,sangen mit Engelsstimmen und schimpften einanderdazwischen, als die Gassenbuben die siewaren. Von den Bäumen plauzten schon diereifen Kastanien, zerbarsten und rollten schillerndüber den Weg.

In wenig Tagen würde man auch dasSchwimmbad schließen müssen, denn schontraute sich niemand mehr in das abgekühlteWasser, ausgenommen Fräulein Esther Franzenius.Fräulein Esther aber würde gewißnicht eher aufhören ihre sehr schlanken, kraftvollenGlieder gegen das Wasser zu spannen,bis ihr das erste Nachteis die Haut ritzte.

Esther Franzenius ging über die Wiesen, dasteifte sich ihr der Wind entgegen und zerrte anihren vom Wasser feuchtdunklen Haarsträhnen,die immer zu lang in das Gesicht fielen. Undsie bog ein wenig den Oberkörper zurück, undeine Tragkraft ging durch ihren ganzen Leib,als sei er ein feiner, stolzer Bau, den festgefügteSteine gen Himmel heben.

Dann ging sie durch die grauen Gassen mitdem Pflaster von Anno dazumal und zuletzt diekleine Anhöhe hinauf.

Ja, ganz versteckt lag das Haus, in demEsther wohnte. Eine hohe, breitbuchtende Ligusterheckeumsperrte den Garten.

Maria kam über den Weg ihr entgegen.Maria war schön und strahlend – auch inihrem Mißmut. Maria nahm alle Herzen hin,und selbst die Baumwürzelein freuten sich, wennsie vom Kleidersaum der Allerschönsten gestreicheltwurden. Ja, Maria hatte ein gesegnetesAngesicht.

»Ist er noch nicht bei Dir?« frug Estherdie Schwester.

»Oh, er wird schon kommen.«

Und da war er auch schon.

Erst gingen seine Augen zu der blondenMaria, wie das ganz natürlich war. Sie verfingensich förmlich in ihren Blicken, sie ließennicht los, so daß die Hände ungeleitet zu einandertasten mußten.

In Esther klang das wieder, was er fühltein diesem Augenblick: Es mußte ihm sein, wieein Ausruhen nach langem ermüdendem Steigen –ein Erlösungsgefühl – und Dank.

Immer wußte sie, was er empfinden würdebei all den kleinen, feinen Anlässen, in denensich das Leben unter der Hülle der Geschehnisseabspielt. Sie besaß zu seiner die Schwesterseele –aber das wußte nur sie.

Sie erschrak förmlich, und ihr war, alshätte nun auch er ihre Gedanken begleitet, alser plötzlich die Hände seiner Braut losließ undsich nun zu ihr wandte.

»Sie sind vorhin immer vor mir hergegangen,Esther – ich habe Sie gesehen.«

Sie erschrak, weil sie seine Worte wie dieBrücke zu tieferem Sinn nahm – aber dannfiel ihr ein, daß ja nur sie es war, die ihn erkannthatte. Da tauchte auch wieder die Wirklichkeitan die Oberfläche.

»Jetzt ist Esther das Hausmütterchen, ja?«wandte sich nun Maria zu ihr. – Und siegingen hinein in das Haus, und Esther trugObst auf den Tisch und Wein, der aus einemfeinen, hohen Krug gegossen wurde. Und allesordnete sie Maria zu Händen. Und alles sahaus, als sei es nichts als ein Opfer, MariasSchönheit gebracht.

»Die ungl

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