ÜBER DIE DICHTKUNST

BEIM

ARISTOTELES

NEU ÜBERSETZT UND
MIT EINLEITUNG UND EINEM ERKLÄRENDEN
NAMEN- UND SACHVERZEICHNIS VERSEHEN
VON

ALFRED GUDEMAN

1921


VORWORT

Die Aufforderung des Verlegers der Philosophischen Bibliothekeine Neuauflage der vergriffenen Ueberwegschen Übersetzung deraristotelischen Poetik (1869) zu besorgen, traf mich mitten in derVorbereitung eines exegetischen und kritischen Kommentars des Büchleinsund einer ihn begleitenden ausführlichen Abhandlung zu dessenTextgeschichte. Unter normalen Umständen hätte ich Bedenken gehabt, diemir aufgetragene Aufgabe vor der Veröffentlichung jener Arbeiten, dieunter anderem die nähere Begründung und Rechtfertigung meines neuenTextes bringen werden, zu übernehmen. Wenn ich dennoch diese Bedenkenhabe fallen lassen, so geschah dies hauptsächlich aus folgenden Gründen.Jener Übelstand schien insofern nicht allzu schwerwiegend, weilderartige kritische Erörterungen philologische Leser zur notwendigenVoraussetzung haben. Sodann gestatten es die zurzeit herrschenden, jedesMaß überschreitenden Herstellungskosten wissenschaftlicher Werkegrößeren Umfangs noch nicht, einen Erscheinungstermin für obige Arbeitenauch nur annähernd im voraus zu bestimmen.

Freilich, an dem ursprünglichen Plane einer Neubearbeitung konnte nichtfestgehalten werden, denn es stellte sich gar bald heraus, daß einesolche sehr unbefriedigend ausfallen müßte und so entschloß ich mich dieUeberwegsche Übertragung durch eine ganz neue zu ersetzen. Jeneberuhte nämlich noch auf dem Bekkerschen Texte, der im wesentlichennur die Aldina wiedergab, während der meinige, obwohl durchauskonservativ, selbst von dem Vahlen's (1886) an fast 300 Stellenabweicht, ein Ergebnis, das zum großen Teil der bisher nicht genügendausgebeuteten syrisch-arabischen Übersetzung zuzuschreiben ist.[1]Sodann hatte sich Ueberweg, ebenso wie seine Vorgänger undNachfolger, nicht eng genug an den Wortlaut des Originals angeschlossenund gab so einen m.E. irreführenden Eindruck von dem eigentümlichen,lehrhaften Charakter der Poetik. Denn sie ist mit ihrer starkelliptischen und wortkargen Ausdrucksweise und ihren oft stichwortartigund aphoristisch hingeworfenen Gedanken und Lehrsätzen, ihrerEntstehungsweise durchaus entsprechend, alles eher als ein Erzeugnisattischer Kunstprosa. Wir haben nämlich in ihr, um kurz zu sagen, was aneinem anderen Orte ausführlich nachgewiesen werden soll, nicht einExzerpt, sondern nur die Überbleibsel eines Kollegienheftes zuerblicken, das auf aufmerksame und nachprüfende Leser keinerleiRücksicht zu nehmen brauchte und das oft nur leise Angedeutete derweiteren mündlichen Ausführung überließ. Es kam endlich noch hinzu, daßich mir an sehr zahlreichen Stellen die Auffassung Ueberwegs nichtaneignen konnte. Eine Übersetzung soll aber, zumal die einer technischenund schwierigen Schrift, wenigstens zum Teil einen Kommentar ersetzen.Dementsprechend war ich vor allem bemüht, den auf eine neue Recensiogegründeten Text so wort- und sinngetreu wiederzugeben, wie dies ohneSchädigung des deutschen Ausdrucks nur irgend möglich war. Daß nun dertextkritische Anhang Ueberwegs in Wegfall kommen mußte, versteht sichvon selbst. Dasselbe Schicksal traf aber auch die erklärendenAnmerkungen, die im wesentlichen dazu bestimmt waren, wie der Verfasserselbst angibt, "noch unerledigte Streitfragen ihrer Lösung zuzuführen".Inwieweit sie diesen Zweck erreicht haben, mag hier unerörtert bleiben,in jedem Fall w

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